Grammatik im Alltag

Grammatik im Alltag unterscheidet sich oft deutlich vom geschriebenen Deutsch. Im gesprochenen Deutsch hörst du häufig Sätze, die von den Regeln der Standardsprache abweichen, zum Beispiel durch andere Wortstellungen oder verkürzte Formen. Diese Unterschiede zeigen, wie flexibel und lebendig die deutsche Sprache im Alltag ist.

Die Grammatik im gesprochenen Deutsch ist lockerer und weniger strikt als die in literarischen Texten oder in der offiziellen Sprache. Dadurch klingt Alltagsdeutsch natürlicher und einfacher, ist aber für Lernende manchmal schwer zu verstehen.

Auf dieser Seite erfährst du die Besonderheiten der Alltagsgrammatik und wie sie sich von der schriftlichen Grammatik unterscheidet.

Wortstellung nach „weil“ und Co.

Standardsprache so sollte es sein:

In Nebensätzen, die mit den Konjunktionen weil, da, dass, ob, obwohl, wenn beginnen, steht das konjugierte Verb am Ende:

  • Ich bin heute nicht beim Essen dabei, da ich mit meinen Freunden verabredet bin.
  • Ich muss mich für heute leider abmelden, weil ich mich krank fühle.
  • Eva fragt, ob du morgen Bock auf ein Feierabendbier hast.

Umgangssprache so hört man es oft:

Im weil-Nebensatz steht das konjugierte Verb oft nach der Subjekt am Anfang des Satzes:

  • Ich komme heute nicht zum Kurs, weil ich bin krank.
  • Ich kann heute Abend nicht mit ins Kino, weil ich muss noch dringend eine Präsentation vorbereiten.

Noch einige Beispiele aus dem echten Leben:

1. Geht mein Papa zu dem hin und sagt: „Ich hab‘ jetzt grad mal mit meinem Sohn geredet. Irgendwie verstehe ich das nicht, weil der sagt zu mir, er hätte ‚Hallo‘ zu dir gesagt“.

2. Es war so eine Bereicherung fürs ganze Set. Weil ich mag es […] nicht so einen großen Unterschied zu machen, dass Männer so sind und Frauen so, weil ich kenne auch so viele tolle Männer […].


Dazu, damit, daran… – geteilte „da“-Konstruktionen

Wie sieht es in der Standardsprache aus?

In der Standardsprache gibt es feste „da + Präposition“-Konstruktionen, wie:

  • darüber, damit, daran, davon, dafür, darum, darin, dazu, darauf

Diese Formen stehen stellvertretend für Dinge oder Inhalte, auf die man sich bezieht (auf einen Satz oder eine Idee, die vorher genannt wurde). Beispielsweise:

Ich habe einen Vorschlag. Was hältst du davon? (davon = von dem Vorschlag)

Ich habe ein Ziel, deswegen arbeite ich darauf hin. (darauf = auf das Ziel)

Wie sieht es in der Umgangssprache aus?

Im gesprochenen Deutsch werden diese „da + Präposition“-Wörter oft getrennt. Dabei steht „da“ am Anfang und die Präposition später im Satz:

Standardsprache

Umgangssprache

Ich bin damit einverstanden.

Damit bin ich einverstanden.

Da bin ich mit einverstanden.

Ich habe nichts dazu zu sagen.

Dazu habe ich nichts zu sagen.

Da habe ich nichts zu zu sagen.

Ich habe da nichts zu zu sagen.

Ich bin noch dabei.

Da bin ich noch bei.

Wir müssen noch darüber reden.

Darüber müssen wir noch reden.

Da müssen wir noch drüber reden.

Da drüber müssen wir noch reden. (Betonung liegt stark auf „da drüber“, also auf dem Thema selbst)

Er macht sich darum keine Gedanken.

Darum macht er sich keine Gedanken.

Da macht er sich keine Gedanken drum.

Wir können uns darauf verlassen.

Darauf können wir uns verlassen.

Da können wir uns nicht drauf verlassen.

Ich weiß leider nichts davon.

Davon weiß ich leider nichts.

Ich weiß da leider nichts von.

Da weiß ich leider nichts von.

Noch einige Beispiele aus dem echten Leben:

1. „Das ist auch tatsächlich die Wahrheit, weil wir haben uns echt gemeinsam so voll unser persönliches Traumleben aufgebaut. Da können wir auch richtig stolz drauf sein“.

2. „Meine Kinder gehen jetzt den ganzen Tag irgendwie draußen spielen mit anderen Kindern und haben da richtig Bock drauf und kommen eigentlich noch zu den Essenszeiten rein“.


Der Fall der Fälle: Genitiv vs. Dativ

In der gesprochenen Sprache wird oft der Dativ anstelle des Genitivs verwendet. Das liegt daran, dass der Dativ einfacher, natürlicher und kürzer klingt.

Doch welche Präpositionen verlangen eigentlich Genitiv im Hochdeutschen?

  • anstatt / statt → anstatt des Autos
  • trotz trotz des Regens
  • während während des Gesprächs
  • wegen wegen des Unfalls
  • innerhalb / außerhalb innerhalb/außerhalb des Hauses
  • oberhalb / unterhalb unterhalb des Weges
  • laut (regional unterschiedlich)

Und wie sieht es im Alltag aus?

In der Alltagssprache hört man meist den Dativ, selbst wenn der Genitiv eigentlich richtig ist:

Genetiv (Standardsprache)

Dativ (Umgangssprache)

Während des Meetings hat er ständig auf sein Handy geschaut.

Während dem Meeting hat er ständig auf sein Handy geschaut.

Wegen des Sturms sind wir zu spät gekommen.

Wegen dem Sturm sind wir zu spät gekommen.

Trotz des schlechten Wetters sind wir ans Meer gefahren.

Trotz dem schlechten Wetter sind wir ans Meer gefahren.

Statt des Kuchens hat sie Obst mitgebracht.

Statt dem Kuchen hat sie Obst mitgebracht.

Laut des Wetterberichts wird es morgen regnen.

Laut dem Wetterbericht wird es morgen regnen. (Auch üblich!)

Laut dem Wetterbericht wird es morgen regnen.

Dank ihres Talents gewann sie den Wettbewerb.

Dank ihrem Talent gewann sie den Wettbewerb.


Perfekt mit Bewegungsverben

Im Alltag hört man häufig Sätze wie: Ich bin nach Hause oder Sie ist zur Arbeit„. Man fragt sich dann: „Wo ist das Verb hin? Eigentlich müsste es heißen ‚Ich bin nach Hause gegangen/gefahren‚ oder ‚Sie ist zur Arbeit gegangen/gefahren‘„. Doch in der Umgangssprache ist es ganz normal, das Bewegungsverb im Perfekt einfach wegzulassen.

Aber erst einmal: Was ist Perfekt?

Das Perfekt ist eine Vergangenheitsform im Deutschen. Man benutzt es, um über etwas zu sprechen, das in der Vergangenheit passiert ist.

Wie wird das Perfekt gebildet?

Das Perfekt besteht aus zwei Teilen:

  1. Hilfsverbhaben oder sein (konjugiert)
  2. Partizip II → die Vergangenheitsform des Vollverbs
Beispiele:

Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. (machen)

Er ist zu seinen Freunden gegangen. (gehen)

Letztes Jahr sind wir nach Bayern gefahren. (fahren)

Was sind Bewegungsverben?

Verben der Bewegung beschreiben eine Bewegung von einem Ort zu einem anderen, z. B.:

  • gehen (Ich gehe nach Hause.)
  • fahren (Du fährst zur Arbeit.)
  • kommen (Er kommt in die Stadt.)
  • laufen (Sie fliegt nach Madrid.)

Im Perfekt verwendet man „sein“ als Hilfsverb bei Bewegungsverben. Die Struktur ist: sein (konjugiert) + Partizip II (z. B. gegangen, gefahren)

  • Ich bin nach Hause gegangen.
  • Sie ist nach Berlin gefahren.
  • Wir sind zur Schule gelaufen.

Was passiert in der gesprochenen Sprache?

Beim Sprechen lässt man bei Bewegungsverben oft das Partizip II weg, weil es aus dem Zusammenhang klar ist, was gemeint ist.

  1. Ich bin nach Hause gegangen. => Ich bin nach Hause (gegangen).
  2. Ich bin in die Stadt gefahren. => Ich bin in die Stadt (gefahren).
  3. Wir sind ins Kino gegangen. => Wir sind ins Kino (gegangen).
  4. Sie ist schnell nach draußen gelaufen. => Sie ist schnell nach draußen (gelaufen).